Mildes Wetter treibt Älpler früh in die Höhe – zu Besuch auf der Alp Schlacht in Sörenberg

Das Älplerleben ist hart, aber schön. Ein Besuch bei Reto Vogel auf der Alp Schlacht ob Sörenberg.

Text und Bilder: Pascal Linder

Die ersten Sonnenstrahlen lassen das 181 Jahre alte Bauernhaus in goldenem Licht erscheinen. Über dem Alpbetrieb thront das Brienzer Rothorn.

Älpler Reto Vogel macht in weissen Gummistiefeln und Schürze seine morgendlichen Routinearbeiten im Käsekeller.

Währenddessen begleitet einer seiner Mitarbeiter rund 40 Milchkühe auf der schmalen Bergstrasse zur weiter unten gelegenen Weide. Die Kühe können sich frei bewegen und sind nicht eingezäunt, wie es auf der Alp eben üblich ist.

 Seit vier Jahren verbringt Vogel den Sommer auf dieser Alp. Mit seiner Partnerin Elisabeth hat er sie 2016 den Vorbesitzern Martha- und Niklaus Epp-Zgraggen, die nach wie vor tatkräftig mithelfen, abgekauft. Das Team wird ergänzt durch eine Mitarbeiterin und einen Lehrling. Seine Partnerin packt auch mit an, wenn sie nicht gerade als Lehrerin arbeitet. Heuer erfolgte der Alpaufzug zehn Tage früher als normalerweise. Vogel ist mit seinem Vieh bereits am 9. Mai auf die Alp gezogen. «Dieses Jahr war die Vegetation früher in einem guten Zustand», erklärt der 35–Jährige. Es lag weniger Schnee und die Temperaturen waren ebenfalls höher. Vogel wirkt ausgeglichen und zufrieden, das Leben auf der Alp scheint ihm zu gefallen. Schon als Kind ist er immer mit der Familie auf die Alp gegangen. Es sei eine Leidenschaft und bereite viel Freude, so Vogel. «Es sind lange und harte Tage, ich geniesse es aber jeden Tag aufs Neue.» Seine Arbeitstage beginnen am Morgen um 4.45 Uhr und enden meist erst nach 19 Uhr. Die Arbeiten, die er ausführt, sind vielfältig: Vom Käsern über die Weidepflege bis zur Arbeit im Stall. Es sei immer schön, wenn am Morgen die Sonne aufgehe und man einfach die Ruhe geniessen könne, schwärmt der Älpler.

 

Ruhig ist es auf seinem Betrieb tatsächlich: Man hört hauptsächlich die Kuhglocken von seinem Vieh.

 Vogel zeigt seine Käseproduktion.

Auf der Alp produziert er jedes Jahr mehrere Tonnen Käse.

Was ist das Erfolgsgeheimnis seines Käses? «Ich weiss es nicht», sagt Vogel lachend, währendessen er die dickgelegte Milch schneidet. «Alles über das Käsen habe ich von meinem Vorgänger Chläus gelernt.» Das Herstellen von gutem Käse beginne schon im Stall. Es brauche gute Milch. Zudem sei wichtig, dass man genügend Geduld mitbringe, erklärt Vogel.

Verkaufseinbruch wegen Corona

Sein Alpbetrieb liegt an einem Ausgangspunkt für zahlreiche Wanderungen.

Eine dreistündige Route führt von seinem Haus aufs Brienzer Rothorn. Daher hätten sie auch viele Wanderer zu Besuch, welche beim Vorbeilaufen Käse direkt vom Betrieb kaufen. Der Rest werde an den Detailhandel und Gastrobetriebe verkauft.

Aufgrund der Coronakrise konnte er keinen Käse mehr an Restaurants verkaufen. Das haben Vogel und sein Team stark zu spüren gekriegt. Aber auch der Direktverkauf hat stark abgenommen. Umso mehr freuen sie sich, wenn Kunden und Kundinnen nun wieder vermehrt direkt auf der Alp vorbeikommen, um Käse zu erwerben. Nebst den Milchkühen haltet Vogel fünf Ziegen, 14 Rinder, zehn Kälber und 70 Schweine. Den Schweinen verfüttert er die Schotte aus der Käseproduktion. Nebst der eigenen Milch verarbeitet er auch die Milch von zwei anderen Lieferanten. Die Saison auf 1334 Meter über Meer wird noch bis Ende September dauern, dann geht er mit seinen Tieren und Mitarbeitern wieder zurück in seinen Talbetrieb in Schüpfheim.

 

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Die warme Witterung und die weiter fortgeschrittene Vegetation führen dazu, dass die Alpaufzüge heuer früher stattfinden. «Viele Älpler sind mindestens zwei Wochen eher auf den Alpen als in den Vorjahren», sagt Pius Schmid, Präsident des Alpwirtschaftlichen Vereins des Kantons Luzern. Die Älpler verbringen im Durchschnitt zwischen 100 und 130 Tagen auf den Luzerner Alpen.

 

Der Kanton Luzern zählt insgesamt 242 Alpen. Sie befinden sich zum grössten Teil im Entlebuch. Weitere Alpbetriebe gibt es im Hinterland, im Pilatus- und Rigigebiet. Die Gemeinde Flühli ist mit 91 Alpen das grösste Luzerner Alpgebiet. Der Kanton Luzern zählt ausserdem acht Alpkäsereien. «Das ist im Vergleich mit den anderen Zentralschweizer Kantonen eine tiefe Zahl», sagt Schmid. Eine mögliche Erklärung findet er darin, dass die Luzerner Alpen eher kleinteiliger seien.

 

Die Zahl der Luzerner Alpen war in den letzten Jahren leicht rückläufig. Auch schweizweit gibt es immer weniger Sömmerungsbetriebe – zwischen den Jahren 2003 und 2018 sank die Zahl von 7472 auf 6682. Im Gegensatz zu anderen Kantonen befindet sich der grösste Teil der Luzerner Alpen in Privatbesitz, wie Pius Schmid erklärt – nämlich rund 95 Prozent. «Die Mehrheit der Luzerner Alpen wird also von Familien bewirtschaftet.» Bei den Tieren, welche die Sommermonate auf den Alpen verbringen, machen Rinder den grössten Anteil aus, gefolgt von Mutter- und Ammenkühen sowie Schafen.